Wenn Kinder trauern, tun sie das oft still.
Aller Anfang ist schwer. Wenn Kinder trauern, tun sie das oft still. Sie sind verunsichert, mit Schuldgefühlen belastet und in sich gekehrt. Abschiednehmen kann viele Ursachen haben: Beispielsweise, wenn der beste Freund wegzieht oder sich die Eltern trennen oder ein geliebtes Familienmitglied, vielleicht auch nur das Haustier, stirbt. Kinder müssen erst lernen, wie sie mit Trauer umgehen können. Dabei sollten sich auch die Erwachsenen nicht scheuen, Gefühle zu zeigen. Tränen sind schließlich die Sprache der Seele. Das hilft dem Kind, die eigene Trauer anzunehmen. Sehen sich die Angehörigen gerade nicht in der Lage dazu, kann man auch Freunde oder Vertrauenspersonen bitten, mit dem Kind zu sprechen und ihm zuzuhören.
Tränen sind schließlich die Sprache der Seele.
Die denkbar schlechteste Idee wäre, Kindern das Trauern vorzuenthalten – etwa durch Ablenkung oder Schweigen. Kinder haben ein feines Gespür für die Atmosphäre und merken, dass etwas nicht stimmt. Wird der Tod nicht beim Namen genannt, geht die Fantasie mit ihnen durch und diese erweist sich oft schlimmer als die Realität selbst.
Kummer und Verluste sind ein ganz normaler Teil des Lebens. Davor kann niemand sich schützen. Vielmehr können Eltern ihrem Nachwuchs beistehen, indem sie ihn in den Arm nehmen, vielleicht auch gemeinsam weinen, aber in jedem Fall dem Kind aktiv zuhören und versuchen, die Trauer in Worte zu fassen. Je früher sie ihre Gefühle beschreiben können, desto besser verstehen sie später die überwältigenden Emotionen.
Rituale, wie der wöchentliche Besuch am Grab, helfen auch Kindern bei der Trauerbewältigung
Eltern können auch ihrem Bauchgefühl nachgeben und überlegen, was ihnen als Erwachsene in solchen Situationen guttun würde. Rituale dienen beispielsweise vielen Menschen als Kompass in der Trauerarbeit. Sie helfen, sich in diesen schweren Zeiten besser zurechtzufinden. So könnte die Frage an die Kinder lauten: „Wie möchtet ihr euch gern an euren Vater erinnern?“ Vielleicht indem man wöchentlich das Grab besucht. Oder indem gemeinsam Papas Lieblingsmusik gehört wird? Oder wenn er beim sonntäglichen Brettspielnachmittag als unsichtbarer Dritter mitspielen darf?
Warum, Wohin und Wie weiter? – auch Kinder stellen diese Fragen
Früher oder später werden Kinder auch Fragen stellen. Übrigens sind das die gleichen Fragen, die sich Erwachsene in der einen oder anderen Form auch stellen. Nämlich die nach dem Warum, dem Wohin und dem Wie-weiter. Familien mit einem religiösen Bezug tun sich bei den Antworten möglicherweise leichter. Schließlich übernimmt hier der Schöpfer die Verantwortung für die Seele. Wenn alles gut geht, trifft man sich in der abendländischen Tradition irgendwann im Himmel wieder.
Dieses Versprechen können aufgeklärte Eltern ihren Kindern nicht geben. Hier ist das physische und das metaphysische Leben endlich. Aus und vorbei. Was bleibt, sind die Erinnerungen und die Aufgabe den „richtigen“ Umgang damit zu finden. Und hierbei ist es auch absolut in Ordnung, wenn sich die Eltern erst einmal selbst ein wenig Zeit nehmen, um ihr eigenes Weltbild zu zeichnen, bevor es in so wichtige lebensphilosophische Gespräche mit dem Kind geht.
Je jünger das Kind, desto kürzer die Antwort
Grundsätzlich gilt: Je jünger das Kind, desto kürzer sollte die Antwort ausfallen. Kinder und Jugendliche verfügen über andere kognitive und sprachliche Fähigkeiten als Erwachsene. Deshalb trauern sie auch anders. Ihre Gefühle bringen Kinder sowieso am besten spielerisch zum Ausdruck. So hat der Museumsshop des Wiener Zentralfriedhofs in Zusammenarbeit mit Psychotherapeuten kindgerechte LEGO-Bausätze zum Thema Trauerkultur entwickelt. Die Sets wurden aus handelsüblichen Komponenten entworfen, gehören aber nicht ins offizielle Klötzchen-Portfolio. Dennoch: Mit Skeletten, Grabsteinen, Bestattungsfahrzeugen und sogar einem Krematorium können Kinder ein Thema verarbeiten wofür ihnen womöglich die Worte noch fehlen.
Ein weiteres Angebot sind altersgerechte Trauerbegleitungen. Die Hamburgerin Ayşe Bosse macht das seit vielen Jahren und bietet Eltern und Kindern Trauer-Workshops an. Dort lernen sie auf verschiedene Arten Abschied zu nehmen. Mit ihrem 2016 erschienen Buch „Weil du mir so fehlst“ geht sie einen Schritt weiter und ermutigt Kinder zwischen 6 und 12 Jahren ihren Emotionen freien Lauf zu lassen. In dem Buch nimmt ein Bär die Leser*innen mit auf eine Trauerreise, bei der unterschiedliche Themen angesprochen werden: Angst und Wut, aber auch Liebe und Momente zum Lachen. Auf Aktionsseiten haben Kinder die Möglichkeit, Fotos einzukleben, geheime Botschaften an die Verstorbenen zu schreiben, Bilder zu malen, Trauerklöße zu kochen und Erinnerungen festzuhalten.
Eltern & Kind – Altersgerecht trauern
Säuglinge von der Geburt bis zum 10. Monat
- halten Sie Bezugspersonen, Tagesrhythmus und häusliche Umgebung so stabil wie möglich
- kümmern Sie sich um das körperliche Wohl des Kindes
- suchen sie die Nähe zum Kind
Babys zwischen 10 Monaten und 2 Jahren
- wiederholen Sie einfache Erklärungen wie „Opa ist fort”, um dem Kind die Situation verstehen zu helfen
- besondere Zuwendung
Vorschulkinder 3 bis 6 Jahre
- erklären Sie, dass der Körper aufgehört hat zu funktionieren
- bereiten Sie die Kinder im Falle einer Krankheit auf den Tod vor
- zeigen Sie Geduld während das Kind für sich das Gefühl der Trauer entdeckt
- lassen Sie das Kind an möglichst vielen Vorgängen in der Familie teilhaben
- machen Sie dem Kind klar, dass es nicht schuld am Tod ist
Grundschulkinder 6 bis 9 Jahre
- sagen Sie dem Kind, warum der Mensch gestorben ist
- achten Sie auf die Gefühle ihres Kindes
- sprechen Sie mit dem Kind über Ängste und Sorgen
- geben Sie ein Gefühl von Sicherheit
- beziehen Sie das Kind bei der Trauerfeier ein
Schulkinder 9 bis 12 Jahre
- geben Sie körperliche Nähe
- ermutigen Sie das Kind zu weinen
- gehen Sie mit dem Kind auf den Friedhof
- ermutigen Sie das Kind, über die verstorbene Person zu sprechen
Jugendliche
- ermöglichen Sie den Jugendlichen, an allen mit dem Todesfall zusammenhängenden Veranstaltungen teilzunehmen
- lassen Sie aufkommende Aggressionen zu und sprechen Sie darüber
- ermutigen Sie den Kontakt zu Freund*innen
- holen Sie professionellen Rat ein, falls das hilfreich sein könnte
Empfehlungen
Buch & Film:
„Weil du mir so fehlst“ von Ayşe Bosse, Carlsen Verlag
„Wie ist das mit dem Tod?“ – Willi will‘s wissen, Bayerischer Rundfunk, Buch und Film
„Großvater und ich und die Geschichte mit dem kleinen Kätzchen“ Alex im Brunnen-Verlag
Lego-Bausätze:
https://shop.bestattungsmuseum.at/modelle-aus-lego-komponenten