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Fragen rund um den Tod am Lebensende

Wie wirkt ein Gespräch über den Tod mit sterbenden Menschen am Lebensende? Der Tod soll schnell gehen. Es soll alles möglichst schnell vorbei sein. Es soll nicht weh tun. Sterben ohne Schmerzen, ohne Leiden und das möglichst in kurzer Zeitdauer. Diese Wünsche höre ich oft aus den Gesprächen heraus, die ich als Sozialpädagogin mit sterbenden Menschen an ihrem Lebensende im Hospiz führe. Dass der Tod schnell geht, ist oft eine Illusion. Wie bei einer Geburt, welche ein Prozess ist für das Neugeborene, ist es ähnlich für die sterbenden Menschen. Das Sterben ist ein langsamer Prozess, der seine Zeit braucht.

Fragen rund um den Tod am Lebensende

© Severin Schober

Der Tod und die Schmerzen

Der Mensch nimmt Stück für Stück und in Ruhe Abschied. Oft sprechen Angehörige darüber, dass der Betroffene doch endlich loslassen kann. Doch wenn wir Menschen lieben, lassen wir sie nicht einfach los. Das fühlt sich an wie eine heiße Kartoffel, die wir fallen lassen. Der sterbende Mensch verabschiedet sich nicht abrupt. Vielmehr zieht er langsam weiter, ganz individuell. Bei dem einen Menschen geht es schneller, bei dem anderen dauert es eine Weile, bis er seinen Lebenspfad verlassen kann. Und als wäre das Abschiednehmen nicht schon Lebensaufgabe genug, kommt dann noch die Hoffnung dazu, ohne Schmerzen zu sterben.

Aber ist ein Sterben ohne Schmerzen überhaupt möglich? Schmerzen können über den physischen Schmerz hinaus gehen. Auch auf der psychischen, spirituellen und/oder sozialen Ebene, in der Theorie auch Dimension genannt können Schmerzen entstehen. Was bedeutet das? Am Lebensende beschäftigt sich der sterbende Mensch mit seinem Leben. Er reflektiert das Gute und vielleicht auch das, was hätte anders sein können.

Die Themen, die sortiert und reflektiert werden, können ganz unterschiedlich sein. Häufig geht es darum, sich von seinem Leben zu verabschieden – auch von den An- und Zugehörigen. Mit dem Tod gehen Glaubensfragen einher genauso wie Ängste vor dem Sterben. Auch die soziale(n) Rolle(n) wie zum Beispiel Mutter, Freundin oder Berufstätige zu sein, können verloren gehen. Diese Vielfältigkeit von Schmerzen bedient sich an der Ganzheitlichkeit unseres Körpers. In meinem beruflichen Kontext nenne ich so eine Art von Schmerz auch Seelenschmerz. Es umfasst all das, was unseren Geist beschäftigt sowie unser Denken und Handeln beeinflusst. Wir betrachten den Menschen als ganzheitliches Individuum und stellen fest, dass dieser ein komplexes System ist und auf unterschiedlichen Ebenen wirkt.

Ganzheitlichkeit eines Menschen

Schon der Philosoph René Descartes beschäftigte sich in der Zeit der Aufklärung mit der Ganzheitlichkeit des Menschen. Er betrachte diesen zu dieser Zeit noch einmal neu und nahm Leib und Seele als getrennte Einheiten wahr. Die zwei unterschiedlichen Subtanzen existieren unabhängig voneinander, beeinflussen sich aber wechselseitig. Auf der einen Ebene fungiert der Körper in seiner eigenen Substanz, der physikalisch mit der Außenwelt agiert und im naturwissenschaftlichen Sinne erklärbar ist. Auf der anderen Ebene steht die Seele, die immateriell ist, keine Grenzen aufzeigt und unser Denken und Bewusstsein erweitert sowie beeinflusst. Im Sinne einer Erkrankung bedeutet das, dass nur der Körper erkrankt ist und nicht die Seele eines Menschen. Bis heute prägt dieses Menschenbild unser Denken zu Körper und Geist. Besonders in der Hospizarbeit sprechen wir in Sinnbildern und verdeutlichen die Trennung von Körper und Geist, machen Mut, dass die Seele eines Menschen unantastbar ist. Descartes Ansatz ist also nach wie vor hilfreich, um das Individuum Mensch besser zu verstehen.

Aus meiner bisherigen Erfahrung heraus glaube ich daran, dass es unsere Seele – also unseren Geist – positiv beeinflusst, wenn wir uns in unserem Menschendasein mit dem Tod beschäftigen. Dies verdeutlichen mir auch die Menschen regelmäßig, die wir im Hospiz bei Fragen rund um ihren kommenden Tod begleiten. So bekam ich zum Beispiel nach einem Gespräch die Rückmeldung: „Es macht mich frei, absolut frei. Ich bin im Reinen mit mir“.

Vorbereitet zu sein hilft nicht nur einem Selbst, sondern auch den Zugehörigen. So können diese, wenn sie um die Wünsche der verstorbenen Person wissen, in diesem Sinne handeln. Dieser letzte Dienst für den lieben Menschen kann ein positives Gefühl hervorrufen und im Trauerprozess wohltuend sein.

Manchmal können Menschen in einem fortgeschrittenen verschlechterten Gesundheitszustand jedoch keine Wünsche mehr formulieren. Dann hinterlässt der verstorbene Mensch Ungeklärtes und offene Fragen zum Beispiel zum Thema Beisetzung. Das kann überfordernd sein, besonders für die Hinterbliebenen.

Oder es kommt vor, dass Wünsche des Verstorbenen nicht mitgetragen oder erfüllt werden können. Die Gründe dafür können unterschiedlich sein. Es kann zum Beispiel sein, dass der sterbende Mensch aus finanziellen Aspekten heraus seinen An- und Zugehörigen nicht zur Last fallen oder ihnen die Grabpflege zumuten möchte. Weil die Versorgung vermeintlich nicht gegeben ist, verzichtet der sterbende Mensch dann auf sein autorisiertes Grab. In diesem Fall stehen herausfordernde Fragen im Raum: Wer hat welche Bedürfnisse? Wer darf Entscheidungen zur Beisetzung treffen? Wessen Wünsche werden berücksichtigt? Fest steht: Der sterbende Mensch braucht seine letzte Ruhestätte und der Trauernde den Gedenkort.

Der Friedhof ist ein Ort der Ruhe und kann für sterbende Menschen ein sicherer Platz sein, an dem sie ihre letzte Ruhestätte sehen. Für trauernde Menschen bietet der Friedhof die Möglichkeit des Gedenkens, des Stück für Stück Abschiednehmens und ist gleichzeitig ein Ort der Begegnung. Wo Menschen zusammenfinden, die ähnliche Lebensgeschichten miteinander teilen.

Im gemeinsamen Austausch kann bereits vor dem Tod überlegt werden, wie ein Platz auf dem Friedhof gestaltet werden kann. Miteinander ins Gespräch zu gehen ist wichtig, auch wenn das eventuell bedeutet, Kompromisse miteinander zu schließen. Fragen Sie nach, was der Betroffene sich wünscht – unabhängig von dem Versorgungssystem oder den Meinungen anderer. Jeder Mensch hat ein Recht darauf festzulegen und zu wissen, was mit seinem Körper passiert, solange es der Gesetzesgrundlage entspricht. Wenn diese Wünsche formuliert sind, kann gemeinsam überlegt werden, wie mit diesen umgegangen wird.

Welche Fragen können sterbende Menschen stellen?

Wenn der (sterbende) Mensch sich mit dem Sterben und dem Tod beschäftigt, kann dies vorerst schmerzhaft sein. Er geht durch seine eigene Trauer hindurch. Die Trauer um sein Leben, Menschen, die er liebt, dass zu Hause, Haustier(e), Eigentum, die Arbeit, den bunten Schrebergarten und vieles mehr. Damit gehen Fragen einher, die das Sterben und den Tod greifbarer, sichtbar machen. Die Themen Trauer, Sterben und der Tod werden präsent.

In meinen Gesprächen mit sterbenden Menschen kommen Fragen auf wie zum Beispiel:

  • Wie fühlt sich das Sterben an?
  • Was sind Anzeichen für das Sterben?
  • Was wird mit meinem Körper passieren während des Sterbeprozesses?
  • Was passiert mit meiner Wohnung und den Dingen, die mir wichtig sind?
  • Wo wird meine letzte Ruhestätte sein?
  • Wie läuft meine Beerdigung ab, wen oder was möchte ich dort dabeihaben?
  • Was möchte ich meinen Zugehörigen hinterlassen?
  • Wie geht es mit meinen Angehörigen weiter?
  • Was möchte ich meinen geliebten Menschen noch sagen?
  • Was ist mein letzter Wunsch?

Je nachdem, wie hoch die Akzeptanz der Erkrankung und auch des letzten Lebensweges ist, gehen die sterbenden Menschen offen oder weniger offen mit dem Thema um. Manchmal können ganz konkrete Themen ein Einstieg sein, um über den Tod zu reden: Die Kleidung für die letzte Reise kann ein wesentlicher Bestandteil im Gespräch werden. Den meisten Menschen ist es wichtig zu wissen, welche Kleidung sie tragen, wenn sie von ihren Zugehörigen das letzte Mal gesehen werden. Es kann also gemeinsam überlegt werden, welche Wünsche es dazu für die letzte Reise gibt, was der Mensch gerne getragen hat und worin er sich wohl fühlte. Das kann zum Beispiel der edle Anzug, das Ausgehkleid, sogar das Hochzeitskleid sein. Es kann aber genauso auch die bunte Lieblingsbluse mit der blauen Jeans, die bequeme Jogginghose, das Angleroutfit oder das Fanoberteil von einer Band sein. Die Kleidung zeigt den verstorbenen Menschen, so wie er war.

© Severin Schober

Jede Begleitung am Lebensende ist individuell. In meiner Praxis habe ich verschiedene Situationen erlebt. Manchmal sind die oben beschriebenen Fragen schon in der Familie besprochen, weil es dem Sterbenden wichtig ist, die Informationen an die An- und Zugehörigen weiterzugeben. In diesem Fall unterstütze ich bei konkreten Fragen.

Es kann auch sein, dass der sterbende Mensch die eigenen Vorstellungen und Wünsche noch nicht mit der Familie geteilt hat. Dann rege ich dazu an, in einen Austausch miteinander zu gehen. Ich ermutige dazu, mit den An- und Zugehörigen über diese Themen zu sprechen. Ein Wunsch für das Lebensende kann nur dann erfüllt werden, wenn jemand davon weiß. Es kann auch sinnvoll sein, den Menschen in seinen Überlegungen zu bestärken und zu erklären, dass es ganz natürlich ist, sich über den eigenen Tod Gedanken zu machen.

Selten kommt es vor, dass sich der sterbende Mensch noch keine Gedanken zum Thema Sterben und Tod gemacht hat. Ein Grund dafür kann zum Beispiel eine plötzliche Erkrankung sein, die in das Leben getreten ist. In diesem Fall versuche ich gemeinsam mit dem Betroffenen die Gedanken zu sortieren und Wege aufzuzeigen, was zum Beispiel im Sinne einer Bestattung und Trauerrede möglich ist.

Im Rahmen meiner beruflichen Position nehme ich eine neutrale Rolle ein. In der Trauerarbeit sprechen wir auch von der Rolle des Fremden, die es den sterbenden Menschen ermöglicht mich im Gespräch, alles zu fragen, was sie beschäftigt. Sie erhalten von mir eine unvoreingenommene, nicht bewertende Aussage. Oft sind es sehr besondere Gespräche und ich freue mich darüber, wenn die Gäste die Themen Wünsche am Lebensende für sich und die Zugehörigen, Sterben, Bestattung und Beisetzung oder den bevorstehenden Tod ansprechen. Innerhalb des Austausches erhalte ich einen Einblick in das individuelle Trauerverhalten der Person. So kann ich überlegen, was der sterbende Mensch in seiner Trauer und auf dem letzten Lebensweg als Unterstützung brauchen könnte.

Individuelle Gespräche mit sterbenden Menschen

Oft verbinden Menschen etwas mit Erinnerungen, Orten und besonderen Merkmalen. Ich erinnere mich an Gespräche, wo sterbende Menschen von dem Ort berichteten, wo sie ihre letzte Ruhe finden wollten.

Erst kürzlich erzählte mir ein Hospizgast, dass er auf den Heidefriedhof in Dresden unter einer sechs Meter hohen Kiefer beerdigt werden möchte. Auf seinem ehemaligen Grundstück stand ebenfalls eine Kiefer, die ihn sein Leben lang begleitet hatte. Der Baum vermittelte ihm ein Heimatgefühl und er sah eine Möglichkeit, ein Stück seines Zuhauses auf der Grabfläche zu haben. Was macht es mit einem Menschen, wenn er weiß, wo er nach seinem Versterben beerdigt werden wird? „Ich bin erleichtert.“ – das sagte er mir.

Ein anderes Beispiel: Ein Ehepaar suchte sich eine gemeinsame Grabstelle aus, an der eine Bank steht. Nach dem Versterben des Mannes wollten sie sich hier treffen. Immer, wenn seine Frau hier Platz nehmen wird, soll sie sich gewiss sein, dass ihr verstorbener Mann neben ihr sitzt. Sinnbilder wie dieses unterstützen die Hinterbliebenen bei der Akzeptanz des Todes und Bearbeitung des Trauerprozesses. Außerdem lassen sie eine Verbindung mit den Verstorbenen entstehen.

© Severin Schober

Der Friedhof als letzte Ruhestätte bietet die Möglichkeit, ein Grab individuell zu gestalten. Es gibt Menschen, die eine Vorstellung davon haben, wie ihr Grab einmal aussehen kann. Sie suchen sich nicht nur im Vorfeld die Grabstelle aus, sondern auch den Grabstein. Mit der Familie besprechen sie ihre Wünsche: zum Beispiel den Spruch, der auf dem Grabstein stehen kann, die Blumenbepflanzung, oder den Grabschmuck. Es kann eine Brücke über den Tod hinaus geschaffen werden: So gestaltete eine Dame aus dem Hospiz den Grabschmuck für ihr Urnengrab selbst. Ein rot-goldenes Seidentuch, welches nach ihren Vorstellungen und mit Unterstützung ihrer Angehörigen im Hospiz entstand.

Es kommt auch vor, dass Menschen vor ihrer Beerdigung ihren Bestatter*in, Trauerredner*in, Bildhauer*in für Stein und Holz persönlich kennenlernen wollen. Die Lebensgeschichte wird dann nicht durch jemand anderen erzählt, sondern von einem selbst. Es ist eine Form der Evaluierung des eigenen Lebens, Selbstreflexion und Erkenntnis zum eigenen Selbst: Wer bin ich und was macht mich zu dem Menschen der ich heute bin? Ich erlebe immer wieder, dass sich unsere Hospizgäste in Gesprächen mit den oben genannten Personen noch einmal selbst besser kennenlernen und bewusstere Entscheidungen treffen können.

Was kann ich einen sterbenden Menschen fragen?

Die Fragen am Lebensende konzentrieren sich auf die Bedürfnisse und Wünsche der betroffenen Person. In der Rolle des An- und/oder Zugehörigen können Sie zum Beispiel diese Fragen stellen:

  • Was wünscht du dir?
  • Welche Art der Beerdigung wünschst du dir?
  • Welcher Friedhof gefällt dir?
  • Welcher Personenkreis soll mit auf der Bestattung anwesend sein?
  • Mit welchen Blumen sollen wir die Trauerhalle und dein Grab schmücken?
  • Gibt es ein Lied, welches bei deiner Verabschiedung gespielt werden soll?
  • Hast du ein Lieblingsfoto von dir, welches wir an dem Tag aufstellen können?
  • Ist etwas für dich von Bedeutung, was wir an dem Tag des Versterbens oder der Beerdigung erzählen können?
  • Wie wünschst du dir, dass wir dich verabschieden?
  • Wie soll dein Grabstein aussehen?
  • Gibt es einen Duft, den du gerne trägst, den wir dir mit auf deinem Weg geben können?

Es gibt noch unzählige Fragen, die gestellt werden können. Je nachdem, was den Betroffenen und auch den Zugehörigen wichtig erscheint.

© Severin Schober

Wenn Kinder zurückbleiben und ein Elternteil unverhofft verstirbt, können auch andere Fragen eine zentrale Rolle einnehmen. Hier sind nur einige Beispiele nachzulesen.

  • Was ist dir wichtig, was das Kind von dir weiß?
  • Möchtest du ihm/ihr etwas hinterlassen?
  • Soll das Kind eine besondere Rolle bei der Beisetzung einnehmen?
  • Möchtest du deinem Kind Nachrichten hinterlassen? Zum Beispiel einen Brief zum 18. Geburtstag, zur bestanden Ausbildung, zur Hochzeit?
  • Wollt ihr gemeinsam eine Erinnerungskiste gestalten?

Involvieren Sie die Kinder in den Sterbeprozess. Nehmen Sie sie mit auf dem Weg und lassen Sie die Kinder nicht zurück. Das fängt im Alltag an, wo Leben und Tod in facettenreicher Art einen Platz finden. Dies kann zum Beispiel während der vier Jahreszeiten durch die Beobachtung eines Baumes geschehen, bei Verlusterfahrungen wie dem Tod eines Tieres sowie auch bei Umzug oder dem Wechsel vom Kindergarten zur Schule thematisiert werden. Der gemeinsame Austausch ist vielfältig: über Gespräche und Gedanken zum Tod, bis hin zu der Mitteilung einer möglichen Erkrankung und deren Bedeutung. Der Besuch eines sterbenden Menschen, das Sehen und Anfassen eines Verstorbenen und das Gespräch mit einem Bestatter*in. Bis zum letzten Weg der Verabschiedung bei einer Beisetzung. Wir sind traurig, wenn ein geliebter Mensch stirbt. Kinder dürfen es auch sein. Gestehen Sie dem Kind eigene Gefühle zu. Wir müssen sie davor nicht zu schützen, denn das Sterben ist ein Teil vom Leben- der letzte Teil.

Wie kann ich herausfinden, was mir am Lebensende wichtig ist?

…und was denken Sie ganz persönlich zum Thema Sterben und Tod? Was wünschen Sie sich für das Lebensende? Wenn Sie sich vorstellen, nicht mehr auf dieser Welt zu leben, was wäre Ihnen dann wichtig?

Der Mensch hat die Fähigkeit, Themen in den Hintergrund zu rücken, die vorerst nicht präsent oder „überlebenswichtig“ sind. Deswegen kann es auch eine Hürde sein herauszufinden, was Sie sich tatsächlich für das Ende des Lebens wünschen. Die Ideen entstehen oftmals durch schon vorhandene Erinnerungen oder Verbindungen zu Orten, Situationen und Menschen. Wie zum Beispiel, dass auf dem Friedhof schon ein anderes Familienmitglied begraben ist.

Unsere Vorstellungen und was wir uns wünschen, stecken in uns. Nicht selten kommt es vor, dass wir uns nicht getrauen, darüber zu sprechen. Hören Sie auf Ihre innere Stimme. Was spricht Sie im Moment zu Ihnen, wenn Sie diesen Artikel lesen? Es kann sich befremdlich, vielleicht sogar absurd anfühlen, während des Lebens über den Tod zu sprechen. Auch Unsicherheit kann hervorkommen, denn der Tod ist etwas, worüber wir nicht reden.

Es gab Zeiten, in denen der Tod hinter verschlossener Tür stattfand, wo er – gerade im Beisein von Kindern – verheimlicht wurde. Aber seien Sie mutig: bauen Sie ihre Wünsche für ihren Sterbeweg in Alltagsgesprächen mit ein. Was kann denn schlimmstenfalls passieren? Das Gegenüber ist unter Umständen überrascht oder sprachlos. Aber er oder sie hat Sie gehört, auch wenn es vielleicht vorerst keine Antwort gibt. Sie können aber sicher sein, ihren Wunsch weitergegeben zu haben.

Zu wissen, wo Sie einmal Ihre letzte Ruhestätte finden werden und zu erkennen, was für Sie von Bedeutung ist, hilft bei der Akzeptanz des Todes im natürlichen Lebenszyklus. Philosophisch gesehen macht es den Geist frei. Hypothetisch gesagt kann eine Seele, die den Tod akzeptiert, auch unbeschwerter von dieser Welt gehen. Ein freier Geist wirkt sich positiv auf den Sterbeprozess aus. Umso mehr im direkten Austausch darüber gesprochen wird, umso weniger befremdlich gehen wir Menschen mit dem Thema Sterben und Tod um.

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Tipps für ein Gespräch über den Tod

„Ich habe heute über den Tod nachgedacht. Hast du dir schon einmal Gedanken gemacht, was dir am Lebensende wichtig ist?“

  • Seien Sie offen und spontan.
  • Achten Sie auf eine entspannte lockere Atmosphäre und nutzen Sie Alltagssituationen, damit sich das Gespräch so natürlich wie möglich anfühlt.
  • Beschäftigen Sie sich mit dem Tod. Lesen Sie etwas darüber. Wo der Tod ist, ist auch das Leben – aber wo das Leben ist, ist auch der Tod.
  • Machen Sie sich vorher eigene Gedanken zu ihren Wünschen am Lebensende. Sollte der Gesprächspartner*in sprachlos sein, können Sie mit ihren Vorstellungen anfangen und darüber ins Gespräch kommen.
  • Sollte ihr Gesprächspartner*in nicht darüber sprechen wollen, machen Sie den Vorschlag, dass dieser die Wünsche für das Versterben aufschreibt. Vereinbaren Sie sich einem Ort, wo der Brief aufbewahrt wird, bis der Zeitpunkt gekommen ist.

Sich Etwas aufzuschreiben ist eine gute Idee, denn durch die Visualisierung eigener Gedanken und Wünsche wird das Innere sichtbar. Das Gehirn hat die Möglichkeit über das Geschriebene nachzudenken, es zu verstehen und zu verinnerlichen.

Zur Autorin: Bereits in meinem Studium zur Sozialpädagogin habe ich mich gefragt, wohin mich mein Weg in der Sozialen Arbeit führt. Zu Beginn meines Studiums hatte ich die Jugendarbeit im Visier. Da habe ich noch nicht für möglich gehalten, dass ich Menschen am Lebensende begleiten darf.

Mein Name ist Severin Schober und ich arbeite seit Oktober 2021 als Sozialpädagogin im Marien- Hospiz in Dresden. Ich begleite dort die sterbenden Menschen sowie ihre An- und Zugehörigen auf ihren letzten Lebensabschnitt und Trauerwegen. Ich betrachte die Arbeit im Hospiz und die Menschen, die ich bis in den Tod begleiten kann, als Geschenk. Die unterschiedlichen Charaktere, die individuellen Lebensgeschichten, ein Lächeln beim gemeinsamen Singen, die dekorierten Gästezimmer, ein sanfter Händedruck, die Sonnenstrahlen auf unseren Innenhof, die brennende Kerze auf unseren Gedenktisch, das Symbol des Schmetterlings, die bunten Blumen im Hospiz und noch vieles mehr machen diese Arbeit für mich so besonders.

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