Bestattet in einer großen Henne aus Holz. In Ghana ist das kein Problem.
Ein Fest für die Ahnen
„Ein gutes Verhältnis zu ihren Ahnen ist für die Ga essenziell.“, erklärt Museumsleiter Pörschmann. Entsprechend aufwendig und teuer seien deshalb die Beerdigungsfeiern: „Da wird oft mehr Geld ausgegeben als für Hochzeiten, allein für den Sarg werden leicht vierstellige US-Dollarsummen fällig.“, so Pörschmann. Worauf allerdings die Tradition der Figurensärge genau beruht, sei unklar. Erst in den 1940er Jahren begannen ghanaische Sargschreiner mit der auffälligen künstlerischen Gestaltung. Als denkbar gilt der Zusammenhang mit einem Erlass der britischen Kolonialherren, die damals die bislang übliche „Hausbestattung“ untersagten. Dabei wurden die Verstorbenen im Boden unter den Wohnhäusern begraben.
Seither hat sich diese einzigartige und lebensfrohe Bestattungstradition zu einem Kulturgut entwickelt, das aus verschiedenen Gründen bemerkenswert ist. Zuerst sind es die Motive und Figuren selbst, die viel über das Leben und die Sehnsüchte der Menschen in Westafrika erzählen. Da ist etwa der olivgrüne Ölfass-Sarg, der auf die weit verbreitete Verwendung dieser Fässer hinweist – als Behältnis für den beliebten Bananenschnaps Akuateshi.
Oder das Alitalia-Flugzeug, das im Museum tatsächlich zu fliegen scheint: Solch ein Sarg wurde ursprünglich für eine Großmutter gebaut, deren Traum vom Fliegen sich zu Lebzeiten nie erfüllen ließ. Des Weiteren finden sich Sargformen wie gewaltige Fische, riesige Feldfrüchte, Fahrzeuge oder andere Tiere.
Die „letzte Reise“ tritt der Verstorbene auch gern mal in einem Vogel an.
Sarg-Export für Sammler
Interessanterweise finden die ghanaischen Särge nicht nur auf Beerdigungen große Beachtung. Ihre kunsthandwerklich anspruchsvolle Ausführung macht sie inzwischen auch zu Sammlerobjekten, die Kunstliebhaber auf der ganzen Welt begeistern. „Viele Särge werden direkt für den Kunstmarkt gefertigt, praktisch als Parallelproduktion zur normalen Sargherstellung.“ Diese Tatsache habe die Ausstellung überhaupt erst ermöglicht, sagt Dirk Pörschmann, denn alle gezeigten Särge sind natürlich unbenutzt. Zudem erklärt sich damit, weshalb etliche Ausstellungsobjekte augenscheinlich zu klein für die Beisetzung eines Erwachsenen sind. „Die Objekte für den Sammlermarkt werden häufig etwas kleiner gefertigt, weil das für den Transport und die Vermarktung einfach praktischer ist.“
Gefertigt wurden sie in den späten 1990-er Jahren in der Werkstatt von Paa Joe, der 1947 unter dem Namen Joseph Ashong in der Region Akwapim nördlich von Ghanas Hauptstadt Accra geboren wurde. Ihren Weg nach Kassel fanden sie mit der „Sammlung Hermann Krause“, die dem Sepulkralmuseum Ende 2018 als Schenkung von Antje Hegge aus Köln zuteil wurde.