© Initiative Raum für Trauer
Der Artikel ist zuerst im Magazin Friedhofskultur – Ausgabe 08/2024 erschienen
Die Besucher erkennen hier, dass Räume mit einer von Menschen bewusst gestalteten und dennoch naturnahen Umgebung nicht nur der zunehmenden Bedeutung der Biodiversität von Friedhöfen Rechnung tragen, sondern vor allem der mentalen Gesundheit der Menschen in ihrer Gemeinde dienen.
Neben einem von Menschen individuell und selbstbestimmt gestalt-, nutz- und handhabbaren Angebot von sinn- und wirkungsvollen Handlungsräume bieten „Gärten der Sinne“ auf Friedhöfen durch ihre besondere Gestaltung allen Bürgern einer Kommune, eine ihnen Halt gebende Lebens- und Erfahrungswelt. Diese Räume sind Erlebnisraum und Begegnungsort zugleicht. In diesen Räumen lässt sich der natürliche Prozess des „Werdens und Vergehens“ mit allen Sinnen erleben. Hier erfahren Menschen, dass sie Teil dieses Prozesses sind.
Besonders an einem Ort wie dem lokalen Friedhof wird so sichtbar, wie die Gemeinschaft mit dieser „Vergänglichkeit“ umgeht. Eigens dafür geschaffene Erlebnisräume verfolgen darüber hinaus – besonders für Kindergärten, Schulen und andere Institutionen – einen Bildungsauftrag. Daneben können auch Bürger, die in ihrer Lebensgestaltung beeinträchtigt oder durch altersbedingte Erkrankungen gehandicapt sind, diese Erlebnisräume in unterschiedlicher Weise für sich und ihre Wahrnehmungsfähigkeiten nutzen.
© Initiative Raum für Trauer
Die menschlichen Sinne werden durch unterschiedliche Farben, Gerüche, Düfte, Klänge und Oberflächen stimuliert, das Wohlbefinden wird gefördert. Diese Räume trainieren durch die Art und Ausgestaltung der Bepflanzung sowie durch die Installation von Erinnerungstriggern die kognitiven Fähigkeiten von Menschen und ermöglichen ihnen ein besonderes Erlebnis der Sinneswahrnehmung.
Mit allen Sinnen
Eine raumhohe Palisade aus beweglichen Holzlamellen, die unterbrochen durch eng angeordnete Bambuspflanzen ist, fasst den Raum „Mit allen Sinnen“ im „Campus Vivorum“ ein. Der Boden ist mit einem fein-körnigen, stabilisierten, auch mit einem Rollstuhl gut zu befahrenden Kiesbelag befestigt. Die Raumarchitektur lässt nur einen eingeschränkten Blick von außen in den Raum zu. Durch die Beweglichkeit der Holzlamellen und ihre unterschiedliche Ausrichtung (eher geschlossen oder eher offen) entstehen verschiedene (Raum-)Atmosphären.
Ein ebenfalls aus Holzlamellen gebautes, etwa 90 Zentimeter hohes Hochbeet füllt mit seiner organischen Form fast den ganzen Raum. Mit seiner einladenden, amorphen und auch für Rollstuhlfahrer leicht zugänglichen und umfahrbaren Form weckt das Hochbeet die Neugierde der Besucher.
© Initiative Raum für Trauer
Ein ergonomisch geformter Handlauf verführt dazu, ihn zu berühren. Ein- und Ausgang sowie die Wegeführung sind eindeutig definiert. Sie offerieren den Besuchern keine eigenen Entscheidungssituationen.
Die Pflanzen in dem Hochbeet – hohe und niedrigere Sträucher, unterschiedliche Blumen, verschiedene Gemüsesorten, Obst oder heimische und exotische Kräuter – triggern mit ihrer unterschiedlichen Haptik, mit vielfältigen Gerüchen oder Geschmäckern und ganz unterschiedlichen Düften individuelle Erinnerungen bei den Besuchern.
© Initiative Raum für Trauer
An den Innenseiten der Holzlamellen können verschiedenartige Klangobjekte befestigt werden. Den Raum „Sinnesgarten“ in Süßen zu erleben ist, so die Initiatoren, wie der Besuch eines Sinfonie-Konzerts – ermöglicht in der und durch die Natur.
Autoren: Sarah Czasny und Willy Hafner, Initiative Raum für Trauer
Informationen unter www.raum-fuer-trauer.de, Besichtigungen auf Anfrage: info@raum-fuer-trauer.de
Hier finden Sie den Originalartikel zum Download:
Gärten der Sinne