© Initiative Raum für Trauer
Der Artikel ist zuerst im Magazin Friedhofskultur – Ausgabe 07/2024 erschienen
Reden, zuhören, diskutieren. Sich treffen, aufeinander achten, Gemeinsames erleben. Ein Friedhof ist ein Raum der Begegnung. Er ist ein Sozialraum – mitten in jeder Gemeinde. Das Experimentierfeld „Campus Vivorum“ in Süßen stellt beispielhaft vor, wie ein landschaftsarchitektonisches Raumgefüge auf Friedhöfen aussehen kann.
Ein landschaftsarchitektonisches Raumgefüge auf Friedhöfen, das die Menschen, ihre vielfältigen Bedürfnisse und ihre unterschiedlichen Anforderungen in verschiedenen Lebenssituationen widerspiegelt.
Der „Initiative Raum für Trauer“ gelingt es zunehmend, mit diesem Reallabor im Maßstab 1:1 sowie Fachvorträgen und Workshops in Deutschland, Österreich und Skandinavien bei kommunalen und kirchlichen Entscheidungsträgern eine hohe Aufmerksamkeit und eine Haltung „pro Friedhof“ zu erreichen. Im Mittelpunkt steht die Erkenntnis, dass der örtliche Friedhof nicht nur ein für Hinterbliebene unverzichtbarer und nützlicher Raum der persönlichen Trauer ist, sondern ein Begegnungsort, der das soziale Füreinander, das gesellschaftliche Miteinander und den Zusammenhalt der Menschen in einer Kommune fördern und stärken kann.
Gemeinschaftlich zu nutzende oder zu gestaltende, den Bedürfnissen der Menschen entsprechende Zwischen- oder Brückenräume bieten auf einem Friedhof einen geschützten Übergang zwischen dem privaten Beisetzungsort und den eher öffentlichen Räumen des Begegnens.
© Initiative Raum für Trauer
Sie ermöglichen Menschen – wann immer sie es wünschen – Begegnungen mit und Kontakte zu anderen Menschen. Hier entstehen einladende „Wohlfühlräume“, mit einer hohen Aufenthaltsqualität, an denen sich Menschen treffen, allein oder gemeinsam den Augenblick genießen, mit ihren Mitmenschen plaudern, sich zwanglos zusammensetzen oder sich mit Freunden zum Austausch oder zu gemeinsame Aktivitäten verabreden. Die Angebote in diesen Räumen sind Aufforderungen für Menschen – in jenen Phasen ihrer Trauer, in denen sie bereit und fähig sind – sich (wieder) aktiv ins Leben einzubringen.
Begegnung und Austausch
Im Campus Vivorum ist dieser Raum offen gestaltet. Akzentuiert wird der von allen Seiten einsehbare Raum durch einen großen Tisch aus dem Kalkstein „Wachenzeller Dolomit“ mit einem integrierten Wasserlauf in der Mitte. Die mobilen Sitzgelegenheiten können individuell arrangiert und kombiniert werden. Schirme schützen vor Sonne und Regen. Auf einer Wippe können Kinder spielen.
Wasserflächen haben auf Menschen eine anziehende und beruhigende Wirkung. Der große Tisch aus Stein als umlaufender Tresen, umrahmt ein bewegtes „Wasserspiel“. Eine einladend wirkende Möblierung des gesamten Raums lädt zum Treffen, zu Gesprächen oder zum zwanglosen Zusammensein ein. Der Boden des Wasserbeckens wurde aus ehemaligen Grabsteinen gefertigt. Der als Ort der Begegnung konzipierte Raum lädt die Friedhofsbesucher durch seine offene Gestaltung zum Betreten ein. Eine halbhohe Randbepflanzung soll zwar eine Abgrenzung des Raums gegenüber der öffentlichen Wegeführung schaffen, jedoch so viel Einsicht bieten, dass die Neugierde der Besucher geweckt wird und sie zum Eintreten animiert werden.
© Initiative Raum für Trauer
Der hier entstehende „Raum der Begegnung und des Austauschs“ zeigt, wie mit einfachen Mitteln Räume entstehen, die ganz unterschiedliche Arten von Kommunikation ermöglichen: eine eher zwanglose Kommunikation mit kaum bekannten Menschen, eher intime Zweiergespräche, nach innen gerichtete Gesprächskreise (wie in einer Therapiegruppe), nach außen gerichtete Gespräche zu anderen Menschen oder zielgerichtete Botschaften an eine außenstehende Gruppe. Spiel- und Beschäftigungsmöglichkeiten für Kinder runden das Angebot ab und erhöhen die Aufenthaltsqualität.
Autoren: Sarah Czasny und Willy Hafner, Initiative Raum für Trauer
Informationen unter www.raum-fuer-trauer.de, Besichtigungen auf Anfrage: info@raum-fuer-trauer.de
Hier finden Sie den Originalartikel zum Download:
Begegnen genießen